Samstag, 18. August 2012

Atmen

Wir alle leiden heutzutage unter Stress, im Beruf sowieso, aber auch in der Freizeit, in Beziehungen, in nahezu jedem Bereich unseres Lebens. Stress ist ein beliebtes Wort, aber es ist auch sehr unspezifisch. Es mag stehen für Überforderung, Sorgen, Kummer, Probleme, Streit und viele andere Gefühle und Situationen.

Jeder von uns reagiert anders auf Stress. Die meisten Menschen produzieren unter anderem auch körperliche Symptome, z.B. Herzstiche, Magenprobleme, Verspannungen und viele mehr.
Ich selbst bin ganz besonders gut darin :-(. Aber ich habe vor kurzem festgestellt, dass es helfen kann, zu atmen. Das klingt jetzt blöd, weil wir ja ständig atmen, aber viele von uns, vor allem Frauen, atmen ständig falsch. Mir ist ganz bewusst geworden, dass ich immer, aber vor allem in "stressigen" Zeiten, viel zu flach atme oder das Atmen sogar viel zu lange ganz einstelle. Nun findet man in Selbsthilfebüchern unzählige Übungen zum bewussten Atmen, aber ich kenn mich: sowas mach ich drei Mal und dann hab ich keine Lust oder keine Zeit mehr, oder ich vergesse es einfach. Deshalb mache ich es mir jetzt leicht und fang ganz klein an. Wann immer ich merke, dass ich verspannt bin, mein Magen verkrampft ist oder mein Herz rast, nehme ich bewusst einen ganz tiefen Atemzug und versuche dann, beim Ausatmen, jeden Muskel bewusst zu entspannen. Für diesen einen Atemzug ist immer Zeit, und er macht so einen großen Unterschied. Mein Körper reagiert mit absoluter Erleichterung darauf. Und wer weiß, vielleicht wird ja eine Gewohnheit daraus, und ich lerne, immer tiefer und bewusster zu atmen. Um dies zu erreichen, werde ich als nächstes das tiefe Atmen an eine Tätigkeit anknüpfen. Die Mahlzeiten sind eine gute Gelegenheit dazu. Hier kann man das Atmen sogar meditativ einsetzen. Während des tiefen Atemzugs kann ich gleichzeitig den Duft des Essens in mich aufnehmen und mir bewusst machen, wie dankbar ich für diese gute Nahrung sein kann. Wahrscheinlich werde ich dann auch mit sehr viel mehr Achtsamkeit essen. Aber dies verdient einen eigenen  Post. Natürlich gibt es unzählige andere Tätigkeiten, die man mit einem tiefen Atemzug beginnen kann. Ich würde mich freuen, über deine Erfahrungen zu lesen.

Sonntag, 5. August 2012

Wassermelone

Heute habe ich in der Hitze der Mittagszeit einen langen, wunderschönen aber anstrengenden Ausritt gemacht. Erhitzt und sehr durstig kam ich zurück nach Hause. Wie gut schmeckt in solchen Augenblicken ein Glas voll mit kühlem Wasser. Aber ich hatte etwas noch viel Besseres im Kühlschrank - eine frische kleine Wassermelone. Ich hatte sie gestern geschenkt bekommen und noch keine Lust gehabt, sie zu essen, denn eigentlich mag ich lieber andere Früchte. Doch wie gut fühlte sich jetzt die dunkelgrüne glatte und angenehm kalte Schale an. Und dann der Anblick des saftigen dunkelrosa Fruchtfleisch. Kaum konnte ich es abwarten bis ich die Melone in Achtel geschnitten hatte. Und wie himmlisch war der erste Bissen aus der süßen Mitte der Frucht. Ich habe die halbe Melone aufgegessen und war sicher, nie etwas Köstlicheres gegessen zu haben. Von nun an werde ich an heißen Tagen immer solch ein himmlisches Ding im Kühlschrank haben.

Samstag, 14. Juli 2012

Samstagabend

Auf meinem Kalender steht heute ein Spruch von Kurt Tucholsky:

Das Schönste am Sonntag ist der Samstagabend.

Das klingt ja nicht ohne Weiteres logisch, oder? Was hat denn der Samstagabend mit dem Sonntag zu tun?

Trotzdem wusste ich intuitiv, was Tucholsky hier sagen will. Mir war der Samstag immer schon der liebste Tag, lieber sogar als der arbeitsfreie Sonntag, denn diesen freien Tag hat man am Samstagabend noch vor sich, und man kann sich auf ihn freuen. Dies macht den Samstag so einzigartig, diese Vorfreude.

Und natürlich kann ich den Samstagabend auch ganz anders nutzen als jeden anderen Abend in der Woche, denn ich kann ja am nächsten Tag ausschlafen. Ich kann ausgehen und es richtig krachen lassen. Oder ich kann mit meiner Familie eine lange Filmnacht auf der Couch genießen mit Popcorn und Nachos mit Käsesoße. Oder ich kann Freunde einladen und bis zum Morgen mit ihnen reden. Die Möglichkeiten sind fast grenzenlos. Was auch immer ich tu, die Arbeit ist noch weit weg, so weit, dass ich keinen Gedanken daran verschwenden muss. Am Sonntag dagegen wirft der nahende Montag mit seinem Stress schon wieder seine Schatten.

Genießen wir also bewusst jeden Samstagabend und feiern ihn als den besonderen Moment, der er ist. Ich wünsche euch allen heute abend viel Spaß!

Freitag, 13. Juli 2012

Kindle

Ich hab es tatsächlich getan, habe mir einen Kindle gekauft. Und der ist Schuld, dass ich hier so lange nicht geschrieben habe. Irgendwie klebt er mir an den Händen, und ich habe in den letzten Wochen mehr neue Bücher gelesen als in all den Jahren vorher. Kurz, ich liebe das Ding und möchte es schon jetzt nicht mehr missen. Inzwischen habe ich über dreißig Bücher darauf gespeichert, Bücher, die keinen Platz im Regal einnehmen, die ich nicht abstauben muss und die nicht mit der Zeit vergilben. Wenn ich unterwegs bin, kann ich eine ganze Bibliothek mitnehmen und habe so immer die Lektüre zur Verfügung, nach der mir gerade ist.

Nicht zum ersten Mal bin ich dankbar, dass ich keine Probleme mit der englischen Sprache habe, denn bei Amazon gibt es den Kindle-Deal des Tages: ein englisches Buch zum Preis von 0,99 €! Da gibt es eine bunte Mischung von Belletristik und  Sachbüchern, und die meisten sind neu. Und heute gab es sogar fünf (deutsche) Bücher kostenlos, damit die Leser diesen Freitag, den dreizehnten mit Glück beginnen konnten. Wenn das nicht nett ist!

Obwohl ich also als werdender Minimalist elektronischen Geräten sehr kritisch gegenüberstehe (ich besitze nur einen Laptop, einen Drucker, ein ganz einfaches Handy und einen MP3-Player) passt der Kindle wunderbar zu dem Lebensstil, den ich anstrebe. Allerdings achte ich darauf, dass ich auch ihn nicht mit Ballast vollstopfe. Ich bestelle mir immer zuerst die Leseprobe, bevor ich ein Buch lade, selbst wenn es kostenlos ist.

So, jetzt hoffe ich nur, dass ich mich in Zukunft wieder lange genug von meinem neuen Spielzeug losreißen kann, um hier wieder regelmäßig zu schreiben. Vorgenommen habe ich es mir ;-).

Freitag, 27. April 2012

Löwenzahn

Und wieder sind die Wiesen gelb. Tausende kleine Sonnen leuchten an Wegesrändern. Für mich ist der niedliche kleine Löwenzahn eine ganz besondere Blume. Genügsam ist er und zäh, überall kann er überleben und wachsen, auf satten Weiden genau so wie in trockenen Mauerritzen. Ein Lebenskünstler eben.

Auch mein Pferd liebt das gelbe Blümchen, und so gibt es jeden Frühling einen Interessenskonflikt zwischen Pferd und Reiter. Ich möchte die gelbe Pracht bewundern und das Pony möchte sie aufessen. Aber da er so süß aussieht wenn ihm ein kleiner Blumenstrauß aus dem Maul herausschaut, gebe ich gern nach. Und im nächsten Jahr kommt er ja zurück, der Löwenzahn.

Samstag, 24. März 2012

Frische Kräuter



Den ganzen Winter habe ich mich darauf gefreut, wieder frische Krätuer essen zu können und jetzt ist es endlich so weit. Leider sind alle meine Kräuter im Winter erfroren, und so habe ich heute mein kleines Kräuterbeet im Innenhof neu bepflanzt - mit Rosmarin, Thymian, Oregano, Salbei, Petersilie und Schnittlauch und mit Katzenminze und Baldrian für meine Fellpopos. Wenn nun mittags die Sonne darauf scheint, duftet mein kleiner Hof wie die Macchia auf den Hügeln Griechenlands - wunderbar!

Das Schöne an Kräutern ist, dass man keinen Garten braucht, um sie anzubauen. Ein Balkonkasten oder ein Blumentopf auf der Fensterbank reichen völlig aus.

Ich freue mich auf einfache, aber köstliche Gerichte wie Spaghetti mit Salbeibutter, Bratkartoffeln oder Ofenkartoffeln mit Rosmarin oder eine selbst gemachte Kräuterbutter mit warmen Ciabattabrot. Dazu ein Salat, ebenfalls mit Kräutern. Das Ganze serviert auf schlichtem weißen Porzellan und ein Glas Wein dazu - was für ein Fest!


































Mittwoch, 14. März 2012

Im Märzen der Bauer ...

Als ich heute nachmittag im Frühlingsonnenschein mit der Mistgabel im Paddock unserer Pferde stand und über die Heuwiesen schaute, auf denen das erste frische Gras sprießt, musste ich an das Lied denken, mit dem ich aufgewachsen bin und das andere in meinem Alter vielleicht auch noch kennen:


1. Im Märzen der Bauer
    Die Rößlein einspannt,
    Er setzt seine Felder
    Und Wiesen in Stand.
    Er pflüget den Boden,
    Er egget und sät
    Und rührt seine Hände
    Früh morgens und spät.
2. Die Bäu'rin, die Mägde,
    Sie dürfen nicht ruh'n,
    Sie haben in Haus
    Und Garten zu tun.
    Sie graben und rechen
    Und singen ein Lied,
    Sie freu'n sich, wenn alles
    Schön grünet und blüht.
3. So geht unter Arbeit
    Das Frühjahr vorbei,
    Da erntet der Bauer
    Das duftende Heu.
    Er mäht das Getreide,
    Dann drischt er es aus,
    Im Winter da gibt es
    Manch fröhlichen Schmaus.




Und nicht nur dieses Volkslied fiel mir ein, ich musste auch daran denken, wieviel schöner und idyllischer unsere Agrarlandschaft zu der Zeit war. Es gab kleine Felder auf denen viele verschiedene Feldfrüchte wuchsen, die Felder durften krumm und schief sein und Bäume durften dazwischen wachsen. Man konnte im Sommer Kornblumen, Klatschmohn und Kamille pflücken und kleine Feldwege und Bächlein schlängelten sich zwischen den einzelnen Parzellen hindurch. Aber dann kam die Zeit der großen Maschinen, und kleine Felder wurden unpraktisch und unwirtschaftlich. Also gab es eine Flurbereinigung. Felder und Waldrand wurden begradigt und Felder wurden zusammengelegt und einheitlich bestellt, damit sich der Einsatz von Maschinen lohnt. Bäche verschwanden genau so wie die wilden Blumen, die auf einmal Unkraut waren. Statt eines bunten Flickenteppichs aus Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Kartoffeln, Zuckerrüben und Runkelrüben wird die Landschaft in meinem Teil Deutschlands heute hauptsächlich von Maisfeldern bestimmt. In meiner Kindheit gab es hier noch keinen Mais. Die Kühe fraßen das Gras auf den Weiden oder Heu, keine Maissilage. Sie wohnten unter einem Dach mit dem Bauern auf der Tenne, direkt neben der Küche und wurden von Hand gemolken. Und sie hatten Namen. Und ja, der Bauer hieß Bauer, nicht Landwirt und schon gar nicht Agrarökonom.

1979 ging das Lied dann so:

Im Märzen der Bauer den Traktor anläßt
und spritzet sein Ackerland emsig und fest.
Kein Räuplein, kein Kräutlein dies Gift überlebt,
dem Vöglein im Wald gar das Mäglein sich hebt.
Im Sommer der Bauer die Säcklein entleert
und dünget die Früchte, von denen man zehrt.
Er weiß, wie man dünget, ja aus dem Effeff
von Bayer, von Hoechst und von BASF.
Im Herbst dankt der Bauer der Tiermedizin.
Die Milch wird nicht sauer vor Penecillin.
Die Schweine sind fettarm und lang wie noch nie?
zum Ruhm und zur Ehre der Biochemie.
Im Winter der Bauer sein Scheckbüchlein nimmt,
mit Weib und mit Kind den Mercedes erklimmt.
Er fährt in die Kreisstadt - er ist ja nicht dumm,
und kauft im Reformhaus - er weiß schon, warum.


Es ist schon klar, dass die Entwicklung zur modernen Landwirtschaft zum Teil notwendig war. Schließlich sind immer mehr Menschen zu ernähren. Und ich bin auch nicht sicher, ob ich der Bauer sein möchte, der seine Hände von früh bis spät rühren muss.  Aber geht es denn wirklich nicht ein wenig tier- und naturfreundlicher?

Ich denke, ein großer Teil des Problems ist unser Konsumverhalten. Wir wollen von allem viel und das sofort und wann immer es uns in den Sinn kommt. Muss man im Winter denn Erdbeeren essen? Dies ist nur ein Beispiel von unzählig vielen. Und muss unbedingt so viel Essen weg geworfen werden? Da fehlt es so oft an Achtsamkeit für unsere Lebensmittel.

Ich habe das große Glück, nicht mehr zu den Generationen zu gehören, die im Krieg hungern mussten, aber ich bin von diesen Generationen erzogen worden, und auch das ist ein Glück. Es wird grundsätzlich kein Essen weg geworfen, sondern Reste kommen in eine Pfanne, eine Salatschüssel oder eine Auflaufform, und ergeben mit etwas Kreativität eine weitere wunderbare Mahlzeit. Und auf Erdbeeren freue ich mich gerade weil es sie nur im Frühsommer gibt. Im Winter esse ich Äpfel und Birnen. Und auch kein Sommergemüse, sondern Kohl und Feldsalat.

Dieses Leben im Einklang mit den Jahreszeiten ist voller Genuss und außerdem gesund. Und was man nicht immer hat, genießt man doch um so intensiver.

Ja, ich gebe zu, ich habe oft Heimweh nach einer Zeit, in der der Bauer noch die Rößlein einspannte. Sie wird nicht zurück kommen, aber die wachsende Zahl der Biohöfe zeigt, dass ich nicht allein Sehnsucht habe, nach einer heileren Agrarlandschaft.

Mittwoch, 7. März 2012

Tokonoma oder Osterhaseninvasion?

Der Frühling kommt und mit ihm naht Ostern. In vergangenen Jahren war das für mich die Zeit, in der ich meine Osterdeko aus dem Keller holte und sichtete, abstaubte und schon mal bereit legte. Osterhasen in allen Farben und aus sämtlichen Materialien. Eier, Hühner und Hähne, zum Hinstellen und Aufhängen. Jede verfügbare Fläche war voller Langohren und Federvieh. Sie kamen in Paaren und ganzen Familien, nackt oder angezogen, aus Ton, Gras, Holz oder Stoff. Es war eine wahre Pracht und Freude. Zwei große Kisten voll habe ich kürzlich aus dem Keller geholt und den Inhalt zum Großteil verschenkt. Und warum habe ich mich von all den lieben Tierchen getrennt? Dafür gibt es mehrer Gründe. Zum einen bin ich mit Deko ja eh sehr eingeschränkt seit ich meine Katzen habe. Ich habe keine Lust, alle paar Minuten so einen Meister Lampe vom Fußboden aufzuheben und ihm seine Ohren wieder anzukleben. Oder bunte Plastikeier unter dem Kleiderschrank hervorzuklauben oder aus dem Katzenklo auszugraben. Aber selbst wenn ich keine solchen zerstörerischen Fellpopos hätte, würde ich mir gut überlegen, wieviel Deko für mich sinnvoll ist, hab ich doch keine Lust, meine Zeit damit zu verbringen, sie dauernd abzustauben oder wenigstens drumherum zu putzen. Außerdem merke ich immer deutlicher, dass ein Zuviel an Dekoration mich anstrengt, während ich leere Flächen als entspannend genießen kann. All dies ist natürlich sehr subjektiv, und wer Spaß am ausgiebigen Dekorieren hat, der soll es doch bitte unbedingt weiterhin tun.

Nun finde ich es aber durchaus immer noch schön, in meinen Räumen oder in wenigstens einem davon die Atmosphäre der jeweiligen Jahreszeit zu schaffen. Also habe ich mir überlegt, wie das auch ohne allzu viel Nippes möglich ist. Ich habe dazu mein Esszimmer ausgewählt, weil es von den Grundfarben her sehr neutral ist. Es gibt einen dunklen Holzfußboden und eine ebensolche Essgruppe (ein schlichter Tisch mit Bänken) und einen cremefarben gestrichenen Vitrinenschrank. Zwei Wände sind weiß und zwei cremefarben.  Wie bringe ich also auf minimalistische Art den Frühling hier hinein? Zunächst einmal muss Farbe her. Frische freundliche Gelb und Grüntöne symbolisieren für mich den Frühling. Wenn ich keine Katzen hätte, würde ich Narzissen, Tulpen und Krokusse in schlichten weißen Töpfen aufstellen, aber leider sind diese Blumen giftig. Dazu fällt mir aber bestimmt noch eine Lösung ein. Die gleichen Farben könnten auftauchen in einem Kissen hier und da, einer Tischdecke oder einem Bild an der Wand, das je nach Jahreszeit gewechselt wird. Auch Kerzen in den entsprechenden Farben sind hübsch, und Duftkerzen können auch gleich noch einen frühlingshaften Duft verbreiten. Und zu Ostern können dann hartgekochte Eier, die mit Materialien aus der Natur gefärbt sind in einem Nest aus echtem Heu auf dem Tisch stehen.

Wem all dies auch noch zu viel ist, etwa weil er keine Tischdecken in den Farben der verschiedenen Jahreszeiten in seinem Schrank lagern möchte oder weil er als Minimalist den Raumschmuck noch schlichter halten möchte, für denjenigen ist vielleicht ein japanischer Tokonoma eine Alternative. Traditionelle japanische Häuser sind der Traum eines jeden Minimalisten. Große Zimmer gehen ineinander über und sind statt durch Wände durch Schiebetüren, die mit lichtdurchlässigem Papier bespannt sind, voneinander getrennt. Futonbetten und ein paar Reisstrohmatten dienen als Möbel. Dekoration findet sich nur in eben jenem Tokonoma, einer Wandnische, die maximal drei Gegenstände enthalten darf, die regelmäßig ausgetauscht werden, damit sie auch wirken können. Ein Beispiel wären eine Schale mit zwei Zweigen und einer Blüte, dazu eine Perganmentrolle mit einem Landschaftsbild und als Ziergegenstand vielleicht ein Stück Jade oder eine kleine Statue.

Diese Tradition lässt sich ganz wunderbar für die Dekoration eines minimalistischen Zuhauses nutzen. Dazu braucht es natürlich keine Wandnische. Ein Regalbrett, ein Schrankfach, eine Fensterbank, ein Nachttisch, all diese Flächen lassen sich gut dafür nutzen. Und anstelle eine Buddhastatue steht dort dann eben ein Osterhase. Diese Art der Dekoration ist nicht aufwendig und sehr unaufdringlich, bringt aber dennoch die Atmosphäre der Jahreszeit in ein Heim.

Was kommt in deinen Tokonoma?

Donnerstag, 1. März 2012

2012 - Jahr des Weltuntergangs, Teil 2

Wie im Teil 1 dieses Posts dargelegt, sahen die Maya im 21. Dezember 2012 das Ende eines Zyklus. Aber dieser bedeutete für sie nicht den Untergang der Welt, sondern einen neuen Anfang.

Es bleibt die Frage, was unter einem neuen Anfang zu verstehen ist. Wie könnte ein solcher aussehen?

Beginnen wir mit der Bibel. Dort heisst es in der Offenbarung (21,1-4):

"Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen, und das Meer ist nicht mehr. Und ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott aus dem Himmel herabkommen, bereitet wie eine geschmückte Braut für ihren Mann. Und ich hörte eine große Stimme von dem Thron her, die sprach: Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden sein Volk sein, und er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein; und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen."

In Jesaja 11 finden wir folgende Stelle:

"Da werden die Wölfe bei den Lämmern wohnen und die Panther bei den Böcken lagern. Ein kleiner Knabe wird Kälber und junge Löwen und Mastvieh miteinander treiben. Kühe und Bären werden zusammen weiden, daß ihre Jungen beieinander liegen, und Löwen werden Stroh fressen wie die Rinder."

Und in Jesaja 35 dies:

"Dann werden die Augen der Blinden aufgetan und die Ohren der Tauben geöffnet werden. Dann werden die Lahmen springen wie ein Hirsch, und die Zunge der Stummen wird frohlocken. Denn es werden Wasser in der Wüste hervorbrechen und Ströme im dürren Lande."

Hier wird uns also ein Paradies versprochen, ohne Streit und Gewalt, ohne Krankheit und Tod.

Auch die Esoteriker sprechen von einem Neubeginn, nicht von einem Ende, nämlich vom Beginn des Wassermannzeitalters, das sich in den 60er und 70er Jahren zum ersten Mal ankündigte.
Das 1968 uraufgeführte Musical "Hair" nimmt in seinem ersten Song "Aquarius" darauf Bezug:


When the moon is in the Seventh House
And Jupiter aligns with Mars
Then peace will guide the planets
And love will steer the stars
This is the dawning of the age of Aquarius
The age of Aquarius
Aquarius!
Aquarius!
Harmony and understanding
Sympathy and trust abounding
No more falsehoods or derisions
Golden living dreams of visions
Mystic crystal revalation
And the mind's true liberation
Aquarius!
Aquarius!
When the moon is in the Seventh House
And Jupiter aligns with Mars
Then peace will guide the planets
And love will steer the stars
This is the dawning of the age of Aquarius
The age of Aquarius
Aquarius!
Aquarius!
 

Und dies für diejenigen, die Lust haben, sich den Song anzuhören:

http://www.youtube.com/watch?v=Q1EeakMYsU4

Es fällt auf, dass sich hier ganz ähnliche Gedanken finden wie in der Bibel. Friede und Liebe, Wahrheit und Vertrauen werden die neue Erde prägen. Der wichtigste Begriff hier ist aber "mind's true liberation", die Befreiung des Geistes. Was ist damit gemeint? Nichts anderes als die Erleuchtung, die Erkenntnis, dass ich eins bin mit Allem und daher meine Realität selbst gestalten kann, wenn es mir gelingt, im Hier und Jetzt aufzuwachen. Wir erschaffen uns die neue Welt also selbst. Ist sie demnach kein Geschenk Gottes, wie die Bibel uns glauben machen will? Doch, denn Gott hat uns die Fähigkeit zum göttlichen Bewusstsein zu erwachen in die Wiege gelegt. Das ist sein Geschenk an uns. Annehmen und nutzen müssen wir es selbst. Nur dann werden wir so wie wir von Gott einmal gedacht waren: freie machtvolle Wesen voller allumfassender Liebe, die ihren Planeten und seine Pflanzen und Tiere und auch einander achten und ehren.



Sonntag, 26. Februar 2012

Der Traum vom leeren Schreibtisch

Kennst du das auch, dass sich auf dem Schreibtisch wie von selbst ganze Lawinen von Papier ansammeln? Sie bilden Stapel, die so lange wachsen bis sie umkippen. Ein Stapel türmt sich neben dem anderen auf, und bald ist nur noch eine winzige Fläche zum Arbeiten frei. Aber nicht nur der Platzmangel erschwert das zügige und freudige Arbeiten und erstickt jede Kreativität im Keim, sondern die Stapel fordern deine Aufmerksamkeit und produzieren ein schlechtes Gewissen, und daraus entsteht sehr ungesunder Stress. Wie also kann man den Schreibtisch auf möglichst einfache Art und Weise entstapeln? Das Beste wäre, wenn weniger Papier hereinkäme, aber das ist ja nur in Grenzen zu realisieren. Zum Beispiel können wir durch einen entsprechenden Aufkleber auf dem Postkasten die Flut unwillkommener Werbung stoppen. Aber selbst wenn wir dies tun, findet noch reichlich Papier den Weg zu unserem Arbeitsplatz. Also gilt es, eine effektive Methode zu finden, damit umzugehen.

Ich probiere gerade etwas aus, dass ich vor Jahren mal in "Simplify your Life" gelesen habe. Und zwar habe ich sieben recht große Kisten angeschafft und folgendermaßen beschriftet:

1. Eingang
2. Vorpapierkorb
3. Papierkorb
4. Lesen
5. Ablegen
6. Erledigen
7. Ausgang

Sie sehen gar nicht einmal so schlecht aus, und sie lassen sich stapeln, so dass sie auch nicht allzu viel Platz wegnehmen. Kisten 1 und 7 stehen an der Tür meines Arbeitszimmers, 2 und 3 links von meinem Schreibtisch und der Rest rechts von meinem Schreibtisch. In Kiste Nummer 1 landet, wie der Name schon sagt, jedes Stück Papier, dass ins Haus kommt, ganz gleich, was es ist. Das nehme ich so bald wie möglich heraus und sehe es durch. Je mehr sofort im Papierkorb landet, umso besser. Dazu gehört z.B. Werbung und ähnliches, aber auch die Umschläge von Briefen, die beantwortet werden müssen. In den Vorpapierkorb wandert das, was für eine kurze Zeit aufbewahrt, aber nicht auf Dauer abgeheftet werden muss, so wie Rechnungen von Dingen, die ich nicht von der Steuer absetzen kann, aber wo ich erst sichergehen will, ob die Dinge auch funktionieren, bevor ich die Rechnung entsorge. Prospekte, Kataloge und ähnliches, die mich interessieren, lege ich in Kiste 4 ab. Aus dieser Kiste bediene ich mich, wenn ich mal einige Minuten Zeit habe, mit denen ich nichts sinnvolleres anfangen kann, z.B. während ich auf einen Anruf warte. Was gelesen bzw. gesichtet ist, zieht dann weiter in den Papierkorb. Kiste Nummer 5 sollte es eigentlich nicht geben, denn natürlich wäre es ideal, alles Papier, das eh abgelegt werden muss, sofort abzuheften. Aber wer schafft das schon. Schließlich möchte man ja auch nicht eine leistungsstarke kreative Phase für solch eine Routinearbeit nutzen, und ausßerdem gibt es ja meist dringenderes zu Tun. Den Inhalt dieser Kiste sollte man also abarbeiten, wenn man für andere Aufgaben zu müde ist. Viele dieser Dinge kann man sicher digitalisieren, aber das ist ein anderes Thema. In Kiste 6 landet alles, das irgendeine weitergehende Handlung erfordert, so wie Belege für die Steuern, Briefe, die beantwortet werden müssen und unzählige andere Dinge, je nach beruflicher Tätigkeit. Kiste 7 schließlich nimmt das bearbeitete Papier auf, das von da aus zum Ort seiner Bestimmung gelangt, etwa zur Post.

Nachdem ich die Kisten angeschafft hatte, habe ich erst einmal die schon vorhandenen Stapel auf die Kisten verteilt, so dass mein Schreibtisch bis auf eine Schreibtischlampe, mein Etui und eine flache Schale mit Notizpapier leer war (Für PC und Telefon habe ich einen zweiten Schreibtisch). Ich habe ihn abgestaubt und mich an dem herrlichen Anblick erfreut. Nun sind meine Kisten leider, aber mit voller Absicht, durchsichtig, so dass ich weiterhin im Blick habe, wie voll sie sind. Aus den Augen, aus dem Sinn funktioniert hier also nicht, aber das wäre ja auch kontraproduktiv. So aber achtet man von ganz allein darauf, dass sie nicht überlaufen.

Ich kann sagen, dass dieses einfache System für mich bisher sehr gut funktioniert. Der leere Schreibtisch motiviert zum Arbeiten, die Papierstapel haben, so geordnet, sehr an Bedrohlichkeit verloren, und es macht Spaß, die Kisten 3 und 7 zu füllen und die anderen möglichst leer zu halten.

Gern würde ich über deine Ideen dazu lesen.


Donnerstag, 23. Februar 2012

Der innere Rückzugsort

Ich erinnere mich deutlich daran, dass ich schon als Kind einen inneren Rückzugsort hatte, auch wenn ich es natürlich nicht so genannt habe. Wenn ich nicht einschlafen konnte, wenn ich Langeweile hatte, zum Beispiel auf langen Autofahrten, oder wenn es mir nicht so gut ging, habe ich mich in ein wunderbares Land geträumt. Dort gab es aufregende Spielsachen, das leckerste Esssen und vor allem viele Tiere. Es gab sogar ein Pony, das ich reiten konnte, und es gab viele Freunde. Dieses Land gibt es immer noch, aber es hat sich im Laufe der Jahre mit mir und meinen Wünschen verändert. Und es passt sich auch heute noch immer meinen Bedürfnissen an. Mal finde ich dort Natur, wie etwa Strand und Meer oder Wald, mal bin ich in einer Wellness-Oase oder einem genialen Restaurant. Die Möglichkeiten sind endlos.

Vielleicht hast du ja auch solch einen inneren Rückzugsort, oder wenn nicht, magst du dir vielleicht einen erschaffen. Wann immer du dich entspannen möchtest, mach es dir gemütlich. Schalte vielleicht leise Musik ein und zünde eine Kerze an. Dann mach es dir in deinem Lieblingssessel bequem, atme ein paar Mal tief ein und aus und schau mal nach Innen. Was siehst du? Wie sieht der Ort deiner Träume aus? Ist es ein weißer Palmenstrand am türkisblauen Meer oder das Ufer eines klaren Bergsees? Bist du vielleicht auf einer Blumenwiese oder umgibt dich die karge Schönheit der Wüste? Oder befindest du dich vielleicht im Wohnzimmer einer Traumvilla, in einer Blockhütte, inmitten der blühenden Rosen im Garten eines Cottage? Denk daran, dass du den Ort ganz nach deinen Wünschen gestalten kannst. Nimm dir Zeit damit und hab Spaß. Das Gestalten kann ruhig mehrere Sitzungen dauern. Und du kannst auch immer wieder etwas verändern. Interessant ist es auch, sich zu überlegen, wo dieser Ort ist und wie man dorthin gelangt. Vielleicht liegt er tief im Bauch von Mutter Erde und du erreichst ihn mit einem Aufzug oder über eine steinerne Wendeltreppe, die in einer Höhle am Meer beginnt. Oder der Ort befindet sich weit über den Wolken und ein großer Vogel, ein geflügeltes Pferd oder ein Drache trägt dich dorthin. Oder vielleicht öffnet sich einfach irgendeine Tür, ein goldenes Licht schein hindurch und wenn du hindurchtrittst, bist du nicht in deinem Badezimmer oder in deinem Kleiderschrank, sondern an deinem inneren Rückzugsort.

Gestalte deinen persönlichen Ruheort nach Herzenslust. Er wird immer da sein, wenn du Entspannung und Erholung brauchst. Viel Spaß dabei.

Sonntag, 19. Februar 2012

Frühling!

Ja ja, ich weiß, es ist erst Februar und es sind gerade mal 5 Grad. Und für heute nachmittag ist Hagel angesagt. Aber ich schwör's, heute morgen riecht es nach Frühling. Ich hab so dieses schwer zu beschreibende Gefühl, dass ich schon als Kind hatte, wenn der Frühling sich ankündigte. Diesen Impuls, ein paar Sachen in einen Rucksack zu packen und zu einer Wanderung aufzubrechen, einfach so, ohne Plan und Ziel, immer die Straße entlang, die einem am besten gefällt, und dabei alte Wanderlieder singen (Ja, ich bin schon so alt, dass ich sie noch kenne).  Ich habe so etwas leider nie getan, aber ich träume heute noch davon. Ein weiteres Anzeichen ist die Lust auf einen richtigen gründlichen Frühjahrsputz, für den ich leider immer noch zu viel Krempel, Plunder und Ramsch habe.

Aber es geht ja auch alles eine Nummer kleiner. Heute morgen hatte ich Stalldienst, aber wenn es das nächste Mal nach Frühling riecht, werde ich zumindest einen langen Spaziergang machen. Und anstelle des Frühjahrsputzes möchte ich wenigstens meinen Kleiderschrank ausmisten, auswaschen und wieder einräumen. Wenigstens ein kleines Eckchen meiner Wohnung soll richtig strahlen und auch nach Frühling duften. Und wer weiß, wenn ich einmal angefangen habe, bekomme ich vielleicht Lust auf  mehr.

Und welche Vorfreude diese Ahnung von Frühling auslöst. Ich freue mich auf Erdbeeren und Kirschblüten, Krokusse und Löwenzahn, das zarte Grün der Birken und auf die Veilchen am Bach. Und darauf, die dicken Wintersachen einmotten zu können und leichtere Kleidung zu tragen.Vor allem meine Füße genießen jeden Frühling die wiedergewonnene Freiheit in den Sandalen.  Früher bekamen wir Kinder zu Ostern immer neue Kniestrümpfe und die wurden sofort angezogen, ganz gleich wie kalt es noch war. Und anders als heute war es oft noch frisch zu Ostern, denn der Frühling kam später. Aber blaugefrorene Knie waren uns gleichgültig. Die neuen Kniestrümpfe bedeuteten, dass der Winter endlich vorbei zu sein hatte.

Und dieser Winter liegt in den letzten Zügen, das spüre ich deutlich. Mein Pony hat es auch gesagt. Er beginnt, sein Winterfell abzuwerfen, und er hat sich noch nie geirrt.

Freitag, 17. Februar 2012

Veränderung

Veränderung - allein das Wort verursacht bei mir Stress im System. Ich mag Veränderungen nicht, ja ich fürchte sie sogar. Dagegen liebe ich Traditionen und Rituale. Ich langweile mich auch nach zigfacher Wiederholung nicht. Ich wohne schon mein Leben lang im gleichen Haus, höre seit meinem 15. Lebensjahr die gleiche Musik, lese immer wieder die gleichen Bücher, reite immer wieder die gleichen Waldwege entlang usw. Ich liebe es, mehr in die Tiefe zu leben als in die Breite. Ich möchte auch meine Freunde und meine Familie auf ewig behalten, und kann Menschen ganz schlecht loslassen. Was ich hab, das weiß ich, aber ich weiß noch lange nicht, ob etwas Neues auch besser ist. Bis vor einigen Jahren konnte ich auch Dinge nicht aus meinem Leben entlassen, und wenn ich nicht entdeckt hätte, wie wohltuend es ist, zu entrümpeln, wäre ich inzwischen bestimmt ein Messie.


Aber ich habe mir vorgenommen zu lernen, Veränderung zuzulassen und vielleicht sogar irgendwann zu begrüßen. Das heißt nun nicht, dass ich wie ein Fähnchen im Wind von einem Kick zum nächsten wehen will. Oder dass ich einem Einkaufsrausch verfallen will, weil ich ständig neues Zeug brauche. Es heißt vielmehr, Weiterentwicklung zuzulassen. Dabei hilft mir Hermann Hesses wunderbares Gedicht


Stufen
Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe
Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
In andre, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.

Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
An keinem wie an einer Heimat hängen,
Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
Er will uns Stuf' um Stufe heben, weiten.
Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.

Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
Uns neuen Räumen jung entgegen senden,
Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden...
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!



Abschied? Neue Bindungen? Nicht mit mir. Auf gar keinen Fall! Abschied ist ein bisschen wie Sterben, oder wie war das noch? Ich will nicht sterben, nicht mal ein bisschen. Aber "lähmende Gewöhnung" und "Erschlaffen" klingt ja auch nicht toll. Und irgendwie ist da auch was Wahres dran. Wann hab ich mich eigentlich zum letzten Mal richtig lebendig gefühlt? Wann war ich wirklich neugierig oder total begeistert? Hmmm. Muss 'ne Weile her sein. Was meint Hesse denn mit "Lebensruf"? Ich könnte mir vorstellen, dass es das Flüstern unserer inneren Stimme ist: "Hey, meinst du nicht, du bist lange genug Beamter gewesen? Du wolltest doch immer schon Rockmusiker sein. Wie lange willst du denn noch warten? Nun raff dich mal auf und kauf dir 'ne Gitarre. Du musst deinen Job ja nicht gleich ganz kündigen. Geh erst mal auf halbe Stelle." Wie? Halbe Stelle? Und wovon soll ich dann leben? Geht nicht. Aus der Traum. Aber Hesse spricht von Tapferkeit. Ja, es kostet Mut, Veränderungen zuzulassen, denn wir sind ja "traulich eingewohnt". Das ist so bequem und gemütlich. Aber er erwähnt auch einen Zauber der uns beschützt, einen Weltgeist, der uns lehrt, zu leben und zu wachsen. Am schönsten finde ich die letzte Strophe. Denn hier wird uns in Aussicht gestellt, dass mit dem Tod nichts endet. Das Leben nicht, aber auch nicht das Lernen und Weiterentwickeln. Wir können uns diesem Strom des Lebens ohne Angst anvertrauen, uns von ihm tragen lassen, und dadurch gesund werden.

Schön, oder? Ich jedenfalls will es versuchen. Morgen reite ich meine Runde mal anders herum.















Mittwoch, 15. Februar 2012

Flucht in andere Welten

In der heutigen Zeit heißt es ja immer, dass man sich der Wirklichkeit stellen muss, dass man nicht davon laufen darf, dass man auf keinen Fall den Kopf in den Sand stecken sollte. Tut man es doch, und sei es auch nur für einen Moment der Erholung, so wird dies geringschätzig als Eskapismus, als Flucht in eine Scheinwelt,  bezeichnet. Nun, ich oute mich als gewohnheitsmäßigen Eskapisten. Ich war schon immer einer und werde wohl auch einer bleiben, und das aus voller Überzeugung.

Um dem Alltag mit seinen Problemen für eine Weile zu entfliehen, tauche ich am liebsten in ein Buch ein. Schon als Kind konnte ich tagelang in meinem Zimmer auf dem Boden oder auf meinem Bett liegen und lesen und alles um mich herum vergessen. Mir ging es wie dem Jungen Bastian Balthasar Bux in Michael Endes Unendlicher Geschichte. Dort heißt es:

"Wer niemals ganze Nachmittage lang mit glühenden Ohren und verstrubbeltem Haar über einem Buch saß und las und las und die Welt um sich her vergaß, nicht mehr merkte, daß er hungrig wurde oder fror -
Wer niemals heimlich beim Schein einer Taschenlampe unter der Bettdecke gelesen hat, weil Vater oder Mutter oder sonst irgendeine besorgte Person einem das Licht ausknipste mit der gutgemeinten Begründung, man müsse jetzt schlafen, da man doch morgen so früh aus den Federn sollte -
Wer niemals offen oder im geheimen bitterliche Tränen vergossen hat, weil eine wunderbare Geschichte zu Ende ging und man Abschied nehmen mußte von den Gestalten, mit denen man gemeinsam so viele Abenteuer erlebtz hatte, die man liebte und bewunderte, um die man gebangt und für die man gehofft hatte, und ohne deren Gesellschaft einem das Leben leer und sinnlos schien -
Wer nichts von alledem aus eigener Erfahrung kennt, nun, der wird wahrscheinlich nicht begreifen können, was Bastian jetzt tat.
Er starrte auf den Titel des Buches, und ihm wurde abwechselnd heiß und kalt. Das, genau das war es, wovon er schon oft geträumt und was er sich, seit er von seiner Leidenschaft befallen war, gewünscht hatte: Eine Geschichte, die niemals zu Ende ging! Das Buch aller Bücher! Er musste dieses Buch haben, koste es, was es wolle!"

Nun, dies könnte auch mich beschreiben. Natürlich ist es für einen Erwachsenen schwieriger, sich so ganz in einem Buch zu verlieren. Schließlich hat man schon so viel gelesen und ist viel kritischer geworden. Aber gelegentlich gelingt es noch einem Buch, mich wirklich zu fesseln. Und dann bin ich wieder ein begeisterungsfähiges Kind. Noch immer liege ich am liebsten auf meinem Bett (der Boden ist mir inzwischen zu hart), mit etwas Salzigem oder Süßem zum Knabbern und vielleicht einem Glas Wein neben mir. Selten bin ich zufriedener als wenn ich mich nach einem langen Tag in meine Kissen kuschele und das Buch zur Hand nehme, das auf dem Nachttisch auf mich wartet. Manchmal schaffe ich nur zwei Seiten bis mir die Augen zufallen, aber dies gehört zu den schönsten Momenten des Tages. Und noch immer lese ich gern Kinder- und Jugendbücher und schäme mich nicht einmal dafür, sind sie doch besonders geeignet dafür, uns in die Welt der Phantasie zu entführen.





Montag, 13. Februar 2012

Fitness für Faule

Gestern ist mir beim Aufräumen ein längst vergessenes Büchlein in die Hände gefallen mit dem Titel "Joyflexing - Fitness für Faule". Das hatte ich mir vor vielen Jahren mal gekauft, denn - ich muss mich outen - ich gehöre zu den Menschen, die zwar gern straffe Muskeln hätten, aber nicht bereit sind, dafür etwas zu tun. Gymnastik oder Krafttraining sind mir zu langweilig und zu anstrengend, und deshalb habe ich das Buch Ende er 90er Jahre gekauft.

Ich will jetzt hier nicht dieses Buch empfehlen, denn es enthält auf 125 Seiten Informationen, für die 10 Seiten ausgereicht hätten. Aber die beschriebene Methode ist für den ein oder anderen vielleicht interessant.

Der Autor Ray Johnson, selbst auch ein Fitness-Muffel, saß eines Tages im Garten und faulenzte. Nachbars Katze lag neben ihm in der Sonne und döste. Das regte ihn zum Nachdenken an. Wieso können Katzen den größten Teil des Tages genüsslich verschlafen, sind aber sofort topfit und sehr beweglich, wenn sie etwas Interessantes, etwa einen Vogel, sehen? Als Nachbars Katze nach einer Weile aufstand, sich ausgiebig streckte und dabei gähnte, glaubte er, die Lösung gefunden zu haben. Dieses Strecken hält die Körperfunktionen in Gang. Die Muskeln werden angespannt und trainiert, die Lymphe zirkuliert und Giftstoffe werden ausgeschieden. Wäre das Gleiche nicht auch für uns möglich? Wir müssen das ja nicht gerade in Gesellschaft praktizieren, denn wir haben ja schließlich gelernt, dass man sich nicht in der Öffentlichkeit reckt und streckt. Und mit offenem Mund herzhaft gähnen tut man schon erst recht nicht.

Aber zu Hause können wir solche Übungen ganz sicher machen. Aber halt, es sind eigentlich gar keine Übungen, nichts Künstliches, das dem Körper aufgezwungen wird. Wir horchen einfach in den Körper hinein und machen die Bewegungen, die er will und braucht. So können wir zum Beispiel Beine und Arme ganz lang strecken, die Hüften drehen, den Mund ganz weit öffnen usw. Wenn man nur einmal anfängt, verselbständigt sich die Sache sehr schnell undes fällt einem von ganz allein immer mehr ein. Wenn man es richtig macht, folgt ein tiefer Atemzug und ein Gähnen verbunden mit einem sehr deutlichen Wohlgefühl.

Und so etwas soll helfen, Muskeln aufzubauen? Ja, denn diese natürlichen Bewegungen ähneln isometrischene Übungen bzw. können sogar als solche bezeichnet werden. Die Muskeln werden für einen kurzen Moment maximal angespannt, und das lässt sie stärker werden.

Warum bin ich also immer noch so schlaff, obwohl ich das Buch seit 1997 habe? Nicht, weil dieses Fitnessprogramm so anstrengend und langweilig ist, sondern weil ich einfach nicht daran denke, es zu praktizieren. Ich werden mir jetzt überall in meiner Wohnung kleine Zettelchen anpappen mit der Aufschrift FfF. Damit wird es dann wohl klappen.

Samstag, 11. Februar 2012

Handtaschen

Auf meinem Weg zum Minimalismus gibt es einige Stolpersteine, und einer davon sind Handtaschen. Welche Frau hätte nicht gern eine ganze Wand voller Haken mit Handtaschen in den verschiedensten Größen, Farben, Formen und Materialien. Und leider mach ich da keine Ausnahme. Aber das ist ein Wunsch und kein Bedürfnis, und wird dementsprechend schweren Herzens ignoriert. Mein Bedürfnis ist, einen kleinen Teil meines Besitzes mit mir zu führen, wenn ich unterwegs bin, und dafür reicht eine einzige Tasche.

Es hat allerdings eine Weile gedauert, bis ich mich für das nebenstehende Exemplar entschieden hatte, weil ich ja ein Teil brauchte, das möglichst vielseitig ist. Warum also ausgerechnet diese Tasche? Nun, zunächst einmal ist sie mittelgroß und damit für fast alle Gelegenheiten des täglichen Lebens zu gebrauchen. Dann ist sie grau, eine sehr neutrale Farbe. Meine Lieblingsfarben für Kleidung sind Grau, Blau und ein bläuliches Grün, und diese Tasche passt zu all diesen Farben. Weiterhin ist die Tasche aus einem sehr robusten Leder. Ich hätte aus Überzeugung zwar lieber eine vegane Tasche gehabt, aber dieses Teil ist wahrscheinlich eine Anschaffung fürs Leben. Ja, und dann hat sie mir auf den ersten Blick gefallen. Gerade, wenn man mit möglichst wenigen Dingen auskommen möchte, ist es wichtig, dass diese Dinge schön sind und Freude bereiten. Ich denke, diese Tasche werde ich lieben :).

Dienstag, 7. Februar 2012

Knöllchen

Heute habe ich zum ersten Mal in 30 Jahren ein Knöllchen für zu schnelles Fahren bekommen. (Sieht man auf den Fotos eigentlich immer so dämlich aus?)

Ja, ich muss mich outen - ich bin ein langsamer Fahrer. Ich bin langweilig, uncool und spießig. Nicht so sehr, weil ich mich vor einer Strafe fürchte, sondern weil ich Geschwindigkeit einfach nicht mag. Ich reite auch nicht gern schnell. Nun bin ich aber doch einmal geblitzt worden als ich 7! km/h zu schnell war, 57 statt 50 km/h bin ich gefahren! Warum hat es denn nicht den erwischt, der mich vorgestern an der gleichen Stelle trotz Gegenverkehr mit 100 Sachen überholt hat? Oder den, der mich gestern abend anschieben wollte und mich dabei geblendet hat? Nein, ausgerechnet mich musste es treffen! Zehn Euro muss ich bezahlen. Gut, das ist nicht so schrecklich viel Geld. Aber was könnte ich für diese zehn Euro alles kaufen? Einen halben Sack Pferdefutter oder zehn Dosen Katzenfutter oder ein Kilo feinste Espressobohnen oder 2 Stücke superluxuriöse Lush-Seife oder ... 

"Hey du," unterbricht mich das noch sehr leise Stimmchen der weisen Frau in mir, "reg dich doch nicht so auf. Davon bekommst du kurzfristig Magenschmerzen und auf Dauer noch mehr Falten und graue Haare als du eh schon hast. Du verlierst nicht nur Geld, sondern auch kostbare Augenblicke, die du genießen solltest, und dann bist du doppelt gestraft."

Sie hat ja so Recht, diese Stimme. Ich sollte einmal tief durchatmen, mich entspannen und an etwas Schönes denken. Ärger macht krank und hässlich. Ich bin auch viel zu abgeklärt und weise, um mich über solch eine Kleinigkeit zu ärgern. Es gibt ja so viel Wichtigeres im Leben. Was sind schon zehn Euro? Ich werde sie bezahlen und die Sache vergessen.

Mist, ich ärgere mich trotzdem. Aber hey, jetzt bin ich wenigstens cool, oder?


Montag, 6. Februar 2012

Frühjahrsputz

Wenn der letzte Schnee geschmolzen ist, die Sonne langsam anfängt zu wärmen und ein erstes zartes Grün Bäume und Wiesen schmückt, wenn die Natur beginnt, sich für einen neuen Anfang zu rüsten, dann war früher die Zeit des Frühjahrsputzes gekommen. Das ganze Haus wurde ausgeräumt und von oben bis unten gründlich geschrubbt und gescheuert. Die Strohsäcke wurden geleert und mit frischem, duftendem Stroh gefüllt, die Teppiche, falls überhaupt vorhanden, wurden ausgeklopft, alle Schränke wurden ausgewaschen und ordenlich wieder eingeräumt. Oft wurde das Häuschen sogar frisch gestrichen und getüncht, damit mit der Natur um die Wette in neuem Glanz erstrahlen konnte.

Heute gibt es so etwas nicht mehr. Der Staubsauger, immer ausgefeiltere Geräte zum Wischen, Putzlappen aus Microfaser und unzählige hochspezialisierte Reinigungsmittel ermöglichen es uns, die Wohnung mit relativ wenig Aufwand stets sauber zu präsentieren. Es wird kurz durchgesaugt, über die Oberflächen gewischt, das Waschbecken nach dem Benutzen schnell durchgeputzt und schon glänzt alles wieder. Wie gut wir es doch haben. So ein Frühjahrsputz war sicher sehr anstrengend.

Ganz bestimmt. Aber muss er nicht auch sehr befriedigend gewesen sein? Wie befreiend muss es gewesen sein, all den Staub und Mief des langen Winters hinauszukehren. Und wie wundervoll der Duft und Glanz, der die Mühe belohnte. Und setzt so eine Aktion nicht auch ein Zeichen für einen neuen Anfang? Das muss doch auch der Seele gut tun, oder nicht?

Ich jedenfalls wünschte, ich könnte dieses Jahr solch ein Frühjahrsputz starten. Aber leider wäre ich völlig überfordert, denn ich habe immer noch viel zu viel Krempel, der ja dann bewegt werden müsste. Wenn ich nur an meinen Keller denke! Natürlich könnte man die Gelegenheit nutzen und sich ein für alle Mal von all dem Plunder befreien, aber das ist nicht mein Stil. Ich bevorzuge das Entrümpeln in kleinen Schritten, und das praktiziere ich ja auch schon seit einigen Jahren. Wer weiß, vielleicht bin ich ja eines Tages so weit, dass ich einen Frühjahrsputz machen kann, weil ich nur noch die Dinge besitze, die ich wirklich brauche. Ich freue mich schon sehr darauf.

Sonntag, 5. Februar 2012

Schlafende Kätzchen

Heute geht es um Entspannung, und ich möchte nicht viele Worte machen, sondern statt dessen ein Foto sprechen lassen.

Gibt es etwas, das mehr Entspannung und Zufriedenheit ausstrahlt als ein schlafendes Kätzchen? Mir fällt nichts ein, so sehr ich auch nachdenke. Sie liegen da, zusammengerollt und das Köpfchen unter den Schwanz gesteckt oder ganz lang und genüsslich ausgestreckt. Oder sie kuscheln sich zu zweit aneinander, so dass man kaum sieht wo das eine aufhört und das andere anfängt. Berührt man sie leicht, gurren sie sanft und dann geht der Schnurrmotor an. Stress und Nervosität habengegen dieses Geräusch keine Chance. Sie machen sich davon und Friede strömt ein in die Seele.

Betrachte dieses Foto mal für eine Weile und schau, ob du die Entspannung fühlen kannst.





Freitag, 3. Februar 2012

Freiwillige Armut

Das klingt doch als sei es nur etwas für Franziskanermönche oder Idioten, nicht wahr?
Aber es gibt immer mehr Menschen, die daran arbeiten, mit möglichst wenigen materiellen Gütern auszukommen, nicht etwa, um ein Gott wohlgefälliges Leben zu führen und auch nicht, weil in ihrem Kopf etwas nicht stimmt, sondern weil sie herausgefunden haben, dass es einfach gut tut.

Eine von denen, die schon den Minimalismus lebten bevor er so modern wurde, ist Anne Donath. Als ihre Geschichte vor einigen Jahren durch die Medien ging, nannte Die Zeit sie die Frau, die einfach nur lebt. Sie hat auch ein Buch geschrieben mit dem Titel Wer wandert, braucht nur, was er tragen kann.

Außergewöhnliche Lebensweisen faszinieren mich, und ich bewundere Menschen, die den Mut haben anders zu sein. Anne Donath gehört ganz sicher dazu.

Sie lebt in einem oberschwäbischen Dorf inmitten einer ganz normalen Nachbarschaft mit Einfamilienhäusern. Nur wie sie dort lebt, daran ist nichts "normal". Sie wohnt in einer ca. 16 Quadratmeter kleinen Holzhütte ohne Strom und das Badezimmer enthält einen Wasserhahn, der nur kaltes Wasser liefert, und ein Fußboden-WC. Sie heizt mit einem Holzofen, auf dem sie auch kocht, wenn sie nicht die Feuerstelle vor der Hütte benutzt, sie wäscht sich in einem Eimer und beleuchtet den einzigen Raum mit Kerzen. Bei den Berbern und den Tuareg in Nordafrika hat sie gelernt, wie man am Boden lebt. Möbel mit Beinen gibt es bei ihr nicht. All ihr Besitz passt in eine Kommode und zwei Truhen.

Eine Aussteigerin im eigentlichen Sinne ist Anne Donath aber nicht. Inzwischen ist sie 65 und pensioniert. Aber vorher hat sie als Krankenschwester gearbeitet, allerdings nur durchschnittlich einen Tag in der Woche. Dadurch hatte sie Zeit, Wolle zu spinnen, selbst Schuhe anzufertigen, auf einer Flöte zu spielen, die sie selbst angefertigt hat und für vieles mehr. Sie reist auch weiterhin nach Südeuropa und Afrika und zwar mit dem Fahrrad und dem Zug. Sie lebte von ca 400 € netto im Monat, ist sozial- und krankenversichert und zahlte geringe Steuern.

Für Anne Donath bedeutet dieses Leben ein Stück Freiheit und Unabhängigkeit von der "Knöpfendrückerwelt" wie sie es selbst nennt. Diese Unabhängigkeit gibt ihr ein gutes Gefühl, auch im Hinblick auf die Zukunft, denn sie weiß, dass sie auch in höherem Alter mit wenig wird auskommen können.

Anne Donath strahlt soviel Zufriedenheit und Gelassenheit aus, dass man sie darum nur beneiden kann, selbst wenn man sich nicht vorstellen kann, ganz so einfach zu leben wie sie. Worum ich sie am meisten beneide ist, dass ihr Leben viel einfacher strukturiert ist als meins. Sie hat nicht hundert Dinge gleichzeitig zu erledigen, sondern kann sich auf das konzentrieren, was ihr und nur ihr gerade wichtig ist. Traumhaft!






Donnerstag, 2. Februar 2012

Der rechte Daumen

Bist du dankbar, dass du einen rechten Daumen hast?

Ich muss gestehen, dass ich bis heute nicht weiter darüber nachgedacht habe. Mein rechter Daumen war halt immer da, und das war selbstverständlich so. Heute ist mir klar geworden, dass er gar nicht so selbstverständlich ist, genau so wenig wie mein linker kleiner Finger, mein rechter großer Zeh und all die anderen Gliedmaßen, die täglich ihren Dienst versehen, ohne besonders beachtet zu werden.

Mein Pferd hat mir beigebracht, meine intakte und funktionstüchtige rechte Hand zu schätzen.

Ich habe mit ihm auf dem Roundpen Clickertraining gemacht. Das liebt er, und er macht es auch sehr gut. Besonders motivierend wirken dabei die Leckerchen, die es nach jeder gelungenen Übung gibt. Nun ist mein Pony lieb, aber leider etwas grobmotorisch, und so hat er meinen Daumen an Stelle des Bonbons erwischt. Unglücklicherweise hat mein Daumen einen ähnlichen Umfang wie so ein Pferdekeks, und so hat Pony zunächst mal gar nichts bemerkt. Aber nach einer Weile hat er sich doch gewundert, dass sich das Ding in seinem Maul bewegte und offensichtlich flüchten wollte. Auch ist er es nicht gewohnt, dass ich schreie, nachdem ich ihn belohnt habe. Also beschloss er, das Maul zu öffnen, und ich konnte mich befreien. Zum Glück hatte ich nur eine leichte Druckstelle. Aber wie leicht hätte er den Knochen durchbeißen können! Erst in dem Moment wurde mir ganz klar, wie hilflos ein Mensch ohne Daumen wäre. Unsere Hände wären ja gar keine richtigen Hände ohne die Daumen. Nur mit ihnen können wir richtig greifen, und diesen Vorteil teilen nur ganz wenige Tiere mit uns.

Was für Wunderwerke sind unsere Hände. Und was können wir doch alles mit ihnen tun. Ich hoffe, dass ich das nie wieder vergessen werde. Denn sonst muss mein Pferd mich noch einmal beißen.

Dienstag, 31. Januar 2012

Ein warmes Bett

Ich schlaf nicht gern in einem geheizten Zimmer, und so war mir in der letzten Nacht etwas kalt, weil mein Bett noch von den viel zu warmen Tagen mit einer dünnen Bettwäsche bezogen war. Gerade habe ich es frisch bezogen, mit einer wunderbar kuscheligen Flanellbettwäsche. Zusammen mit meiner Bettdecke, die mit Kaschmirwolle gefüllt ist, macht das ein herrlich warmes Bett. Noch dazu duftet frische Bettwäsche immer so gut, finde ich. Ich freu mich schon auf solchen Luxus heute abend.

Viele Menschen mögen jetzt sagen, dass das doch gar kein Luxus ist, sondern höchst selbstverständlich. Aber diese Menschen haben noch nie nachts gefroren. Ich meine, wirklich gefroren, nicht nur ein wenig gefröstelt. Ich schon, allerdings nicht aus Not, sondern aus Dummheit, z.B. weil ich nicht wusste, dass man in einem guten Schlafsack möglichst wenig anziehen soll und nicht möglichst viel, wenn man im Grenzgebirge zwischen Norwegen und Schweden zeltet, oder dass man nicht zu viel Wein trinken sollte, bevor man im Heu übernachtet. Ich habe aus diesen Erfahrungen gelernt, und  so etwas passiert mir jetzt nicht mehr.

Aber ich denke, dass es Menschen gibt, die nicht aus Unwissenheit frieren, sondern weil sie kein warmes Bett haben. Und was nicht jeder hat, ist für mich ein Luxus für den ich dankbar bin, den ich genieße und an dem ich mich erfreue.

Ich wünsche jedem, der dies lesen mag heute eine gute Nacht mit einem sicheren Dach über dem Kopf, einer warme Decke und schönen Träumen.

Montag, 30. Januar 2012

Done-Listen

Fast jeder kennt sie, und wer nicht mit ihnen arbeitet kann unmöglich erfolgreich sein: To-do-Listen. Sie helfen uns, unser Leben und unsere Arbeit zu organisieren und unsere Ziele zu erreichen, indem wir ein Fernziel über mehrere mittelfristig erreichbare Ziele und diese wiederum über viele kleine Nahziele ansteuern. Das detaillierte Aufschreiben bringt Ordnung in unsere Gedanken und ein gelegentlicher Blick auf die Listen stellt sicher, dass wir auch nichts Wichtiges vergessen. Natürlich müssen wir noch unterscheiden zwischen wichtigen und dringenden Aufgaben, denn das ist ja nicht unbedingt dasselbe. Kurz, To-do-Listen können ein wertvolles Instrument der Strukturierung von Arbeits- und  Entwicklungsprozessen sein.

Vor einer Weile habe ich allerdings erfahren müssen, dass sie unter bestimmten Umständen auch kontraproduktiv sein können.
Ich hatte eine Phase, in der es mir sehr schlecht ging. Ich war erschöpft und antriebslos und hatte zu rein gar nichts Lust. Wenn morgens der Wecker klingelte, wollte ich nichts lieber als mir die Decke über den Kopf ziehen und weiterschlafen. Aber in unserer Welt geht das natürlich nicht. Man muss aktiv und produktiv sein, sonst gibt es Ärger. Ich musste mir also etwas einfallen lassen, um diesen Zustand möglichst schnell zu ändern. Also schrieb ich To-Do-Listen. Nicht etwa solche gestaffelten mit Jahres-, Monats-, Wochen- und Tageszielen. Nein, ich schrieb nur abends auf, was ich am nächsten Tag unbedingt schaffen wollte. Nichts großartiges, auch nicht viel, nur ein paar einfache Dinge, die getan werden mussten. Und was geschah? Genau, ich schaffte es nicht. Selbst diese wenigen Dinge waren mir in meinem Zustand zu viel, und ich schaffte gar nichts. Super, nun hatte ich zu meiner Lustlosigkeit auch noch mit Komplexen und dem Gefühl, ein totaler Versager zu sein, zu kämpfen. Jetzt war ich nicht nur mit meiner Situation, sondern auch noch mit mir selbst unzufrieden. Herzlichen Glückwunsch!
Mir wurde klar, dass ich mich so ganz sicher nicht würde aufraffen können. Also versuchte ich es mit dem Gegenteil der To-Do-Liste. Ich fertigte "Done-Listen" an, d.h. ich schrieb alles auf, was ich getan hatte. Wirklich alles. Auch die selbstverständlichsten Kleinigkeiten. Das sah am ersten Tag etwa so aus:

·    um 8 Uhr aufgestanden und Kaffee gekocht und getrunken
·    geduscht und angezogen
·    Katzen gefüttert
·    gefrühstückt
·    mit den Katzen gespielt
·    nachgedacht
·    drei Kapitel gelesen
·    zu Mittag gegessen
·    das Pferd versorgt
·    Emails gelesen
·    mit einer Freundin telefoniert
·    einen Film angesehen
·    zu Abend gegessen
·    Musik gehört
·    ...
Ich weiß, das ist kein sehr produktiver Tag, aber zumindest zeigte mir die Liste, dass ich nicht völlig untätig war, und dass ich sogar einige sinnvolle Dinge tat. Das motivierte mich. Ich wollte mehr tun. Ich musste nicht, denn ich hatte ja keine To-Do-Liste, aber ich wollte, dass meine Done-Liste länger würde. Und sie wurde länger. Nicht jeden Tag, nicht kontinuierlich, aber langsam und sicher. Es kamen Dinge hinzu wie

·    Wohnung gesaugt
·    Badezimmer geputzt
·    Steuererklärung angefangen
·    ...
Es funktionierte! Jedenfalls für mich. Ob es für dich auch funktioniert, kann ich natürlich nicht sagen. Aber einen Versuch ist es wert, oder nicht?


Sonntag, 29. Januar 2012

2012 - Jahr des Weltuntergangs, Teil 1

Am 21. Dezember 2012, dem Tag der Wintersonnenwende, wird die Welt untergehen und alles Leben auf der Erde wird enden.

Das jedenfalls ist der Schluss, den manche Pessimisten aus der Maya-Prophezeiung ziehen.

Die Maya waren eine präkolumbianische Hochkultur, die im südlichen Mexico, hauptsächlich auf der Halbinsel Yucatán  lebte. In seiner Blütezeit bestand das Volk aus 20 Millionen Menschen, die auf mehrere kleine Staaten mit riesigen, beeindruckenden Städten verteilt waren. Immer wieder finden sich Ruinen dieser Städte im Tropischen Regenwald. Um 900 n. Chr. muss irgendetwas eingetreten sein, das die Maja dazu gebracht hat, ihre Städte zu verlassen, aber man rätselt bis heute, was das gewesen sein könnte.

Kulturell standen die Maja den Ägyptern und den Griechen in nichts nach. Sie brachten hervorragende Astronomen und Mathematiker hervor, und bis heute haben Forscher ihr differenziertes Schrift- und Zahlensystem nicht vollständig enträtselt.

Die Maja hatten drei verschiedene Kalendersysteme, und das dritte von ihnen ist der Schlüssel zu den Weltuntergangsprophezeiungen. In diesem Kalender wird die Zeit nicht in Tage, Wochen, Monate und Jahre eingeteilt sondern es beruht auf einer endgültigen Zählung. Ausgehend von einem Anfangspunkt - dem 1. August 3114 v. Chr. werden die Tage durchgehend gezählt. Diese Zählung endet am 21. Dezember 2012.

Wissenschaftlich belegte Tatsache ist, dass an diesem Tag aufgrund einer ungewöhnlichen Planetenkonstellation die Sonne das Zentrum der Milchstraße einnehmen wird. Etwa 25800 Jahre braucht unser Sonnensystem um die Sterngruppe der Plejaden zu umrunden. Dann hat sich die um 23,5 ° geneigte Erdachse einmal im Kreis gedreht und beendet diesen Zyklus. Und das Ende dieses Zyklus haben die Maja auf den 21. Dezember 2012 datiert.

Aber hat ein Zyklus überhaupt Anfang und Ende? Die Maja gingen davon aus, dass am Ende jedes Zyklus ein Neuanfang steht, nicht ein Weltuntergang.

Wie aber wird dieser Neuanfang aussehen?


Samstag, 28. Januar 2012

Wie viele Bücher braucht der Mensch?

Weisheit kommt aus Büchern. Oder nicht? Zumindest können sie uns auf dem Weg begleiten und uns manchmal einen Schubs in die richtige Richtung geben. Und manchmal wollen sie uns auch einfach nur unterhalten. Aber muss man sie deshalb alle behalten?

Ich habe heute meine Bücherregale abgestaubt und mich mit einer Mischung aus Wehmut und Schaudern an die Zeiten erinnert, in denen ich ein leidenschaftlicher Büchersammler war. Heute würde man wahrscheinlich "book hoarder" sagen. In meiner Wohnung gab es überall Bücher, ähnlich wie bei dem Bücherarzt Mo in Cornelia Funkes Tintenherz: auf den Regalen (klar), auf dem Schreibtisch (auch noch normal), auf dem Nachttisch (auch akzeptabel), auf dem Esstisch (lästig), auf dem Boden (sehr lästig), im Badezimmer (ja, ich lese auch in der Badewanne), auf sämtlichen Stühlen (sehr besucherfeindlich) und wer weiß wo sonst noch. Und sie lagen nicht etwa überall herum, weil ich so chaotisch bin, sondern weil die Regale längst überfüllt waren. Dort standen sie zum Teil bereits in Zweierreihen hintereinander. Trotzdem wusste ich immer ganz genau, wo jedes einzelne Buch war. Ich träumte von einer großen Bibliothek mit Regalen bis an die Decke und ansonsten nur einem gemütlichen Lesesessel und einer guten Leselampe. Was für ein Paradies! Dabei war mir klar, dass ich wahrscheinlich nie all diese Bücher würde lesen können. Ich wollte mich nur an ihrem Besitz erfreuen. Sie waren meine Freunde. In ihnen konnte ich tagelang versinken und alles um mich herum vergessen.

Dann kam der Moment in meinem Leben, in dem die Idee des Minimalismus von mir Besitz ergriff. Und ich fing an, Dinge auszusortieren. Kleidung, Geschirr, Stehrumsel und Vollstaubsel, aber meine Bücher? NIEMALS! Andererseits - der viele freigewordene Platz in Kleiderschrank, Kommoden und Geschirrschrank gefiel mir sehr gut. Hmmmmm! Noch sehr zögernd begann ich, mir meine Bücherstapel genauer anzusehen. Ich nahm das eine oder andere Buch in die Hand und fragte mich, ob ich es wohl jemals lesen würde. Oft lautete die Antwort "Nein". Dann fragte ich mich, ob das Buch einen besonderen Erinnerungswert besitzt oder ob es ein besonders attraktives Exemplar seiner Art ist. Meistens wieder "Nein". Viele meiner Taschenbücher waren bereits vergilbt und brüchig und alles andere als schön. Wertvolle, in Leder gebundene Bücher besaß ich eh nicht. Also begann ich auszusortieren. Im ersten Durchgang wanderten die Bücher, von denen ich sicher war, dass ich sie nicht mehr lesen würde und die zudem abgegriffen waren, in eine Kiste. Dort blieben sie, bis ich sicher war, dass ich sie nicht vermissen würde, und dann brachte ich sie zu einem Tierheim, das regelmäßig einen Büchermarkt veranstaltet. Der Gedanke, dass sie noch einem guten Zweck dienen würden, machte es mir deutlich leichter, mich von ihnen zu trennen. Es folgten noch viele weitere Durchgänge, und jeder fiel mir leichter als der vorangegangene. Hunderte von Büchern habe ich zum Tierheim gebracht, einige auch bei Amazon verkauft, und jetzt bin ich nah an meinem Ideal, nämlich dass unsere Büchersammlungen uns so repräsentieren sollen wie wir heute sind und wie wir morgen sein wollen. Bei mir steht jetzt eine bunte Mischung aus geliebten Überbleibseln aus der Kindheit, Romanen, die ich immer wieder lese, und Sachbüchern zu Themen, die mich jetzt interessieren. Natürlich kommt immer mal wieder ein Buch hinzu, aber es wird sorgfältig ausgewählt, und meistens fliegt ein anderes dafür hinaus.

Es ist erstaunlich, wieviel Freiraum ich in meiner Wohnung gewonnen habe. Und wieviel schneller ich mit dem Abstauben fertig bin. Und jetzt habe ich wirklich fast jedes Buch, das ich besitze, gelesen. Jetzt sind alle wahre Freunde, die ich immer wieder mit Freude in die Hand nehme und lese. Ein Buch besitze ich doch erst wirklich, wenn sein Inhalt ein Teil von mír geworden ist. Aber wer weiß, ob es jetzt, wo es den Kindle gibt, nicht bald noch weniger werden. Noch habe ich keinen, und noch liebe ich es, ein richtiges Buch in der Hand zu halten. Aber ich würde nie mehr "Nie" sagen.

Freitag, 27. Januar 2012

Jeden Tag ein Stückchen Urlaub

Die Tage (oder Wochen), die wir im Urlaub verbringen, werden oft als "die schönsten Tage (Wochen) im Jahr" bezeichnet, und das müssen sie auch sein, denn schließlich tun wir auch eine Menge dafür. Zuerst einigen wir uns mit unseren Lieben auf ein Reiseziel. Das ist ja oft schon gar nicht so einfach. Papa will angeln, Mama sonnenbaden, Sohn Paul surfen lernen und Tochter Anna will shoppen. Endlich hat man sich auf ein Ziel geeinigt, wo man all das unter einen Hut bekommt.  Diejenigen von uns, die Reisen nicht gerade aus der Portokasse bezahlen, sparen dann Wochen, Monate oder vielleicht sogar Jahre für einen Urlaub.Wir verschaffen uns Informationen über das Reiseziel und wälzen Prospekte. Wir wählen eine Unterkunft und buchen den Flug. Wir kaufen neue Badesachen und fangen zwei Wochen vor Abreise mit dem Koffer packen an, weil wir es kaum noch erwarten können. Wir organisieren einen Katzensitter und bitten den Nachbarn, die Zimmerpflanzen zu gießen und die Post aus dem Kasten zu nehmen. Damit wir uns vor dem Nachbarn und dem Katzensitter nicht schämen müssen, putzen wir noch schnell das durchaus saubere und ordentliche Haus vom Dachboden bis zum Keller. Endlich sitzen wir - völlig erschöpft - mit unseren sechs Koffern am Flughafen. Das Flugzeug hat Verspätung, neben dem Hotel ist eine Baustelle, der Strand ist überfüllt, und zu allem Überfluss regnet es. Die Shops sind auch nicht das Wahre und surfen lernt . sich nicht so schnell wie erhofft. Spätestens am dritten Tag sind alle genervt und es kommt zum Streit. Alle haben so große Erwartungen an diese Tage gehabt und jetzt das.

Natürlich verläuft unser Urlaub zum Glück meistens anders. Ich will auch niemandem zureden, nicht mehr zu reisen. Dafür verreise ich selbst viel zu gern. Ich finde nur, dass die Urlaubstage nicht die einzigen schönen Tage sein sollten, die einzige Oase in der Wüste des Alltags. Denn dann sind unsere Erwartungen an diese Zeit viel zu hoch und es muss zwangsläufig zu Enttäuschungen kommen.

Außerdem können wir alle ganz sicher öfter mal eine Pause vom Alltag brauchen, und sei es auch nur eine Viertelstunde. Und deshalb plädiere ich für den täglichen Urlaub.

Nur, wie kann der aussehen? Nun, da gibt es unendlich viele Möglichkeiten, die nur wenig Zeit und Geld kosten. Überall in unserem Alltag gibt es Gelegenheiten, es uns ein wenig schöner zu machen.

Hier nur ein paar Ideen:

·    Statt nur schnell einen Kaffee hinunter zu stürzen, um dich für die vor dir liegende Arbeit fit zu machen, kannst du dich mit dem Kaffee gemütlich hinsetzen, dir eine schöne Kerze anzünden und ein Stückchen besondere Schokolade dazu genießen.
·    Statt abends unter der Dusche noch die Probleme des vergangenen Tages zu wälzen, kannst du dich bewusst mit einem Duschgel, dessen Duft du liebst, einschäumen, und deine Sorgen für einen Moment fortwaschen.
·    Wenn du mehr Zeit hast, nimm statt der Dusche ein Schaumbad (mit viel Schaum), zünde dir Kerzen an und trink ein Glas Wein (oder Bier) dazu. Untermal das Ganze mit leiser Musik.
·    Du kannst ab und zu den etwas längeren, aber auch viel schöneren Weg zur Arbeit wählen.
·    Oder versuch mal, wenn du mal etwas mehr Zeit übrig hast, wie ein Tourist durch deine eigene Stadt zu bummeln. Nimm ruhig eine Kamera mit, setz sich in ein Straßencafé und beobachte die Passanten, geh in ein Museum... Du wirst deine Umgebung mit ganz neuen Augen sehen und erstaunt sein, wieviel Interessantes dir bisher entgangen ist.
·    Leg dir für zehn Minuten deine Lieblingsmusik auf, stell sie laut und tanz dazu (es muss ja keiner sehen). Ich nehm dazu gern Musik aus meiner Jugendzeit.
·    Oder nimm dir eine Viertelstunde Zeit ein paar Seiten in einem Buch zu lesen, das du magst. Es darf aber nichts mit deiner Arbeit zu tun haben! Und es darf gern eins sein, dass du schon zwanzig Mal gelesen hast und dessen Welt dir sofort vertraut ist.
·    Statt durch sämtliche Fernsehprogramme zu zappen, obwohl du weißt, dass nichts läuft, was dich interessiert, leg dir eine DVD ein: einen kitschigen Liebesfilm, einen spannenden Thriller, eine Komödie ...
·    Führ ein kurzes Telefongespräch mit einem Menschen, den du sehr magst und der viel zu selten von dir hört.
·    ...


Kurz, finde heraus, was dir gut tut und TU ES! JETZT!

Das höchste Glück der Erde ...

... liegt es wirklich auf dem Rücken der Pferde?

Ich würde mir nie anmaßen, diese Frage pauschal zu bejahen. Schließlich habe ich noch nicht jedes Glück, das dieses Leben zu bieten hat, kennen gelernt, und außerdem hat jeder Mensch seine eigene Vorstellung vom Glück. Aber mich macht das Reiten und allein schon der Umgang mit Pferden so glücklich wie sonst kaum etwas.

Heute habe ich mich mal gefragt, warum das wohl so ist, und meine Antwort lautet: weil der Umgang mit Pferden mich dazu zwingt, ganz im Hier und Jetzt zu sein. Und viele weise Menschen sagen, dass diese volle Konzentration auf den Augenblick der Weg zum Glücklichsein ist.

Pferde sind sehr sanfte Tiere, aber sie sind auch Fluchttiere und daher schreckhaft. So ist ihre Nähe nur dann sicher, wenn man wirklich achtsam ist. Und ist Achtsamkeit nicht das, was uns im Alltag oft so sehr fehlt? Wenn ich reite, muss ich auf vieles achten. Auf den Körper des Pferdes, das mich trägt, denn kleinste Bewegungen verraten mir, ob das Pferd sich wohl fühlt, ob es entspannt oder angespannt ist. Auf meinen eigenen Körper, denn auch mit der einer unbewussten Bewegung, mit jeder Verlagerung meines Gewichts gebe ich dem Pferd ein Signal. Auf den Weg vor mir, denn seine Beschaffenheit entscheidet über Gangart und Tempo. Auf den Wald um mich herum, denn ich muss das Wildschwein, das mein Pferd erschrecken könnte, früher sehen als das Pferd. Alle meine Sinne müssen wach sein. Ich bin aufmerksam und völlig entspannt gleichzeitig, denn ein nervöser Reiter macht sein Pferd nervös. Entspannend wirken auf mich das leise Hufklappern, das Knarren des Ledersattels und ab und zu ein sanftes Schnauben inmitten der Sille des Waldes. Dies ist ein wundervoller Zustand, der einen so manche Sorge vergessen lässt - wenigstens für die Dauer eines Ausritts.

Der isländische Volksdichter Páll Ólafsson schrieb im 19. Jahrhundert über das Islandpferd:
                               
„Pferde – einem jeden der sie reitet, naht sein Glücksstern sich im Raum. Leid verweht, das Leben gleitet leicht dahin – ein schöner Traum“.

Wie wahr! Aber all dies lässt sich in abgewandelter Form natürlich auch auf andere Hobbies und Sportarten übertragen, wie zum Beispiel Bergwandern, Klettern, Segelfliegen usw. Was zählt ist, ganz präsent zu sein, ganz im Augenblick aufzugehen. Das ist der Schlüssel zum Glück.


Donnerstag, 26. Januar 2012

Lebenskünstler

In meinem Leben sind mir einige wenige wahre Lebenskünstler begegnet. Von zweien von ihnen möchte ich heute erzählen.

Einer davon war mein Opa. Mein Opa war kein armer Mann. Er war Bergmann gewesen und hatte deshalb eine gute Rente. Trotzdem arbeitete er nach seiner Pensionierung weiter. Zuerst als Heizer im Krankenhaus, dann als Küster in unserer Kirche. Er brauchte das Geld nicht, aber die Arbeit machte ihm einfach Freude, und er erfüllte jede dieser Aufgaben mit so viel Begeisterung, Präzision und Engagement, dass jeder Respekt vor ihm hatte. Und obwohl er bis ins hohe Alter zu seiner Rente dazu verdiente, lebte er bescheiden. Solange ich mich zurück erinnern kann, bewohnte er mit meiner Oma eine winzige Wohnung im Anbau unseres gemeinsamen Hauses. Sie hatten Schlafzimmer, Wohnzimmer, Küche, Bad und Flur, alles winzig, Trotzdem brachten sie es irgendwie fertig, dort mit der ganzen Familie oder mit Freunden zu feiern.
Mein Opa hatte viele schöne Anzüge im Schrank. Die trug er sonntags zur Kirche oder wenn er zum Einkaufen ging, und als er starb, waren sie noch wie neu, und mein Onkel konnte sie auftragen. Während der Woche zu Hause trug mein Opa eine uralte Hose mit passendem Hemd und einen Strick als Gürtel, so sparsam war er. Ich weiß noch, dass ich ihn öfter warnte, er solle sich nicht am freitags morgens an die Straße stellen, weil ihn sonst die Müllabfuhr versehentlich mitnehmen könnte, aber er lachte nur. Ihm war es herzlich egal, was die Leute denken könnten. Mein Opa wusste, die kleinen Dinge des Lebens zu genießen. Er liebte seine Zigarren und sein Schnäpschen, und jedes Mittagessen, das meine Oma ihm kochte, war gerade an dem Tag sein Lieblingsessen. Selbst sein Tod passte zu ihm. Wir fanden ihn in seinem Wohnzimmer, in seinem Fernsehsessel, die Füße auf einem Hocker. Auf dem Tisch neben ihm stand sein halb gegessenes Abendbrot mit einem Glas Bier, und im Fernsehen lief eine Musikshow. Und er lächelte.
Opa, ich vermiss dich immer noch!

Nun mag man sagen, mein Großvater war alt, und da ist es leicht, weise zu sein, die Kunst des Lebens zu beherrschen. Schließlich hatte man ja lange genug Zeit, sich zu üben. Aber ich habe auch noch ein Beispiel, das zeigt, dass Lebenskunst und Weisheit nicht vom Alter abhängig ist.

Vor vielen Jahren, noch als Studentin, machte ich mit einer Gruppe anderer junger Menschen eine Reise nach Korsika. Wir fuhren mit einem kleinen Bus und übernachteten auf Campingplätzen. Auf diese Weise umrundeten wir die ganze Insel. Wir hatten nicht viel Geld, und so lebten wir sehr einfach. Wir wanderten mit den Rucksäcken in die Städte und Dörfer, kauften Gemüse und Pasta und kochten alle zusammen auf Campingkochern. Zum Frühstück und Abendessen gab es frisches Baguette mit Käse und Oliven. Es war wundervoll, und wir hatten alle viel Spaß. Aber eine junge Frau stach aus der Gruppe heraus. Sie war das, was ich auch heute noch als Lebenskünstlerin bezeichnen würde. Ich weiß nicht mehr, wie sie hieß, aber ich weiß noch, dass sie lange krause rote Haare hatte. Sie verstand es, jede Kleinigkeit so sehr zu genießen, wie ich es nie vorher gesehen hatte, und wie es mir auch seit dem nicht mehr begegnet ist. Sie war stets ganz präsent und öffnete sich der Wärme der Sonne, dem Rauschen des Meeres und dem Geschmack der Speisen. Sie war so lebendig! Und man merkte ihr an, dass sie mit sich und ihrer Welt, so wie sie war, glücklich und zufrieden war. Zum Bespiel brauchte sie, nachdem sie ihre Haare gewaschen hatte, immer eine Ewigkeit, um sie durchzukämmen, weil sie so kraus waren. Wenn wir sie fragten, ob ihr das nicht auf die Nerven ginge und ob sie nicht lieber glattere Haare hätte, sagte sie "Nein, ich mag meine Haare." Sie mochte auch ihren Beruf, sie mochte das Wetter, wie auch immer es gerade war, sie nahm die Welt in jedem Augenblick so, wie sie sich ihr gerade darbot. "So, genau so will ich sein," dachte ich damals. Aber es ist mir bis heute nicht gelungen. Nun, zum Glück ist es ja nie zu spät.

Und du, Lebenskünstlerin, falls du dies liest und dich wieder erkennst, melde dich doch bitte mal. Ich möchte gern von dir lernen.